Es gibt verschiedene Gesetze und Richtlinien für barrierefreie Inhalte in digitalen Medien. Hier finden Sie die wichtigsten kurz aufgelistet und erläutert:
Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist ein Völkerrechtsvertrag und ein Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen von 2006. Sie gilt in allen 177 Staaten, die die UN-BRK bisher ratifiziert haben. Für Deutschland ist sie seit dem 26. März 2009 rechtsgültig. In dem Abkommen werden die Menschenrechte konkretisiert und auf die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung zugeschnitten. Es macht deutlich, dass die Menschenrechte uneingeschränkt für alle Menschen gelten und gibt rechtliche Standards vor. Beispielsweise die barrierefreie Gestaltung von öffentlichen Plätzen und Gebäuden oder von öffentlichen Internet-Seiten. Um Teilhabe zu ermöglichen, sind aber auch die Arbeitgeber dazu angehalten, sich für Mitarbeiter mit Behinderung zu öffnen.
Die EN 301 549 mit dem Titel „Accessibility requirements for ICT products and services” ist eine europäische Norm für digitale Barrierefreiheit. Sie definiert Anforderungen an die Barrierefreiheit der Informations- und Kommunikationstechnik des öffentlichen Sektors und gilt als verbindlicher Standard.
Technische Anforderungen aus EN 301 549 (Kategorien)
Struktur und Semantik von Inhalten und Interaktionsobjekten
Navigation und Orientierung
Tastatur-Bedienbarkeit
Textalternativen für Bilder und nichttextliche Inhalte
Plattform-Unterstützung für Barrierefreiheitsfunktionen
Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) soll die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft gewährleisten (§ 1). Es gilt ausschließlich für staatliche Institutionen wie zum Beispiel das Landesmedienzentrum BW (§ 7). Es enthält aber auch Vorschriften dazu, wie in den Bereichen Bau und Verkehr Barrierefreiheit geschaffen werden kann (§ 8). Das BGG legt das Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen fest (§ 9), bestimmt die Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken (§ 10) und beschäftigt sich mit barrierefreier Informationstechnik (§ 11). Weiterhin legt es fest, dass zwischen Verbänden und Unternehmen Zielvereinbarungen getroffen werden sollen. Es sei denn, besondere gesetzliche oder verordnungsrechtliche Vorschriften machen dies unmöglich (§ 13).
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) legt in Deutschland die Barrierefreiheitsanforderungen für einige Produkte und Dienstleistungen fest. Mit dem Gesetz werden zum ersten Mal private Wirtschaftsakteure zur Barrierefreiheit verpflichtet, wenn ihre Produkte oder Dienstleistungen in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Dazu gehören beispielsweise Produkte wie Smartphones und Smart-TV, Bank- und Fahrkartenautomaten, E-Book-Lesegeräte sowie Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr, Bankdienstleistungen und andere Dienstleistungen. Das Gesetz trat vollständig ab 28. Juni 2025 in Kraft. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) verpflichtet die private Wirtschaft dazu, die EN 301 549 umzusetzen. Die EN 301 549 verweist auf die WCAG (2.1). Webseiten und Onlineshops müssen im Prinzip nur die WCAG-Richtlinien (aus Kapitel 9 der EN) umsetzen. Wer komplexere Software oder Web-Apps entwickelt, muss sich noch an weitere Anforderungen der Norm halten.
Bereiche, die vom BFSG geregelt werden:
Dienstleistungen
Produkte
Telefondienste
E-Books
Messenger-Dienste
auf Mobilgeräten angebotene Dienstleistungen im überregionalen Personenverkehr
Bankdienstverkehr
Elektronischer Geschäftsverkehr
Personenbeförderungsdienste
Computer
Notebooks
Tablets
Smartphones
Geldautomaten
Fahrausweis- und Check-in-Automaten
E-Book-Lesegeräte
Router
Worin unterscheiden sich BGG und BFSG?
Während das Behindertengleichstellungsgesetz öffentliche Stellen des Bundes zur verpflichtet, beinhaltet das Vorgaben für private Wirtschaftsakteure. Ein weiterer Unterschied betrifft die Anwendungsbereiche, die das jeweilige Gesetz regelt. Im BGG gibt es rechtliche Vorgaben für die Bereiche Bau, Verkehr, und zur Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern. Das BFSG verpflichtet zurBarrierefreiheit bestimmter Produkte und Dienstleistungen, die von Verbraucherinnen und Verbrauchern genutzt bzw. in Anspruch genommen werden.
Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.2 aus dem Jahr 2023 legen Standards für barrierefreies Internet fest. Sie verbinden moderne Webgestaltung mit Barrierefreiheit. Die Web-Inhalte müssen für alle Nutzer wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein. Das kann zum Beispiel mit Hilfe von Alternativ-Texten gelingen, die über Fotos gelegt oder Videos beigefügt werden. Nützlich ist es auch, wenn Inhalte auf verschiedene Arten dargestellt werden können, ohne dass Informationen oder Struktur verloren gehen. Und: Die Texte einer Internet-Seite sollten beispielsweise lesbar und verständlich sein.
Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) ergänzt das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). Die Verordnung ist auf Grundlage der WCAG entstanden und gilt für alle Internetauftritte sowie öffentlich zugänglichen Internet-Angebote von Behörden und Bundesverwaltung (§ 1). So müssen seit 2006 alle Internet-Seiten des Bundes barrierefrei sein. Die Länder haben für ihre Internet-Angebote jeweils eigene Bestimmungen. Ähnlich wie in den WCAG geht es in der BITV um die vier Prinzipien der Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit. Die Belange von gehörlosen und hörbehinderten Menschen und die von Menschen mit Lernschwierigkeiten sind in einem aktuellen Entwurf noch einmal stärker berücksichtigt worden.